FR20171018Frankfurter Rundschau vom 18.10.2017, Olaf Velte

Der 2016er Apfelwein ist ausgetrunken!" Vor drei Tagen hat die Nachricht der Interessengemeinschaft Kirdorfer Feld (IKF) für ein großes Erschrecken im Raum Bad Homburg geführt. Stammkunden wissen nun, dass der neue Schoppen aufgrund der mehr als schwachen 2017er Ernte nicht öffentlich verkauft werden wird. Michael Korwisi, stellvertretender IKF-Vorsitzender, gibt Entwarnung. In Teilen jedenfalls. Weiterhin werden Liebhaber des Kirdorfer Stöffchens im Vereinslokal "Glück's Stuben" (Kirdorfer Straße 38, nur an den Abenden von Donnerstag und Freitag) oder zu den lokalen Festen mit dem köstlichen Trunk versorgt.

Von der "schlechtesten Ernte seit Bestehen des Vereins", spricht Korwisi, der das naturbelassene Sortiment in der heimischen Bäckerei Kraus vorstellt.

Egal, ob beim Secco die Birne oder Quitte hineinperlt, ob Gelee mit Calvados, Zimt oder Holunderblüte veredelt wird, immer ist die heimische Apfelvielfalt fundamental. Seit der Gründung 2006 arbeiten vier Dutzend Aktive inmitten einer uralten Kulturlandschaft, umgeben von Abertausend Obstbäumen. Michael Korwisi vermutet hier auch "viele alte, noch unentdeckte Apfelsorten". Was er aus den jüngsten Herbsttagen gerettet hat, liegt im Korb: Gravensteiner und Brettacher, Boskoop und Sternrenette. Die Spätblühenden also - was früh erblühte, verging im Frost weniger Aprilnächte.

Es bleiben die laufenden Kosten für Traktor, Mulcher, mobile Kelter. Gerätschaften, ohne die der selbstverordnete Pflege- und Erhaltungsauftrag nicht zu leisten wäre. "Die IKF-Einnahmen fließen komplett ins Kirdorfer Feld", sagt Sabine Kraus-Gadermann. Es gehe dabei nicht um eine Vermarktung "auf Teufel komm raus". "Wir kaufen kein Obst zu", so Korwisi. Da wird ein miserables Erntejahr genauso respektiert wie ein gutes. In einem "normalen" keltert die IKF fast 50 000 Liter, wovon zwei Drittel in Ausschank und Verkauf gelangen. Die derzeit begrenzte Lagerfläche im Eiskeller unter dem Kirdorfer Schwesternhaus soll sich mittelfristig ausdehnen: Ein geplanter Neubau am Rande des Streuobstbezirks wird mit einem ordentlich dimensionierten Erdkeller ausgestattet. Wie auch immer: Am kommenden Samstag endet die Saison mit der Verarbeitung verbliebener Reste. Es folgen Wochen, in denen Bäume geschnitten und Totholz abgefahren wird.

Darben aber muss niemand, der die Arbeit der Gemeinschaft unterstützen möchte. Sabine Kraus-Gadermann: "Wir haben fast tausend Gläser Gelee gemacht. "Ein im Einzelhandel selten gewordener Artikel, der mittlerweile laut Verordnung als schnöder "Brotaufstrich" zu kennzeichnen ist. Den beliebten Secco gibt es im Pikkolo-, auch im 0,75-Liter-Format. Und den superben Woi einstweilen im sehr empfehlenswerten "Glück's Stuben"-Revier.

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Frankfurter Rundschau vom 18.10.2017