fr 21 12 2012logo fr
Apfelernte Hochtaunus
Die Schafsnase fehlt
Von Olaf Velte
 
Im Hochtaunuskreis hängen wenig Äpfel auf den Bäumen. Schuld sind die Nachtfröste im Frühling. Doch die Qualität der Äpfel ist hervorragend. Davon können sich Apfel-Fans am Bad Homburger Apfeltag überzeugen.
 
"Mies.“ Harald Kämpfer beschreibt die Misere mit einem Wort. Die diesjährige Ernte-Situation gefällt dem Vorsitzenden der Interessengemeinschaft Kirdorfer Feld (IKF) überhaupt nicht. „Es hängen 60 Prozent weniger Äpfel als in normalen Jahren auf den Bäumen.“ Zur Blütezeit im Frühling hätten sich Nachtfröste und fehlender Bienenflug negativ ausgewirkt. Um ausreichend Saft und Wein keltern zu können, sucht die IKF nun nach Kelteräpfeln und hat eine „Äppelhotline“ unter der Nummer 0176/27859895 eingerichtet. 
Kämpfer ist nicht der einzige, der die Lage beklagt. Im gesamten Hochtaunusgebiet stehen viele Apfelbäume, an denen wenige oder gar keine Früchte hängen. Zwar – so ist vom Verband der hessischen Apfelwein- und Fruchtsaft-Keltereien zu hören – sei die Qualität 2012 hervorragend, doch an die Rekordernte vom vergangenen Jahr reichen die Mengen bei weitem nicht heran. Heiko Fischer vom Obst- und Gartenbauverein Kronberg taxiert den Ausfall auf 40 Prozent, betont aber, dass es sortenspezifische Unterschiede gebe. Während Boskop oder Goldparmäne im Kronberger Raum ausreichend vertreten seien, fehle es beispielsweise bei der Schafsnase.
„Es gibt weniger Keltergut“, so der Experte mit Blick auf die von ihm betreuten 200 Apfelsorten. Regen und Kälte hätten während der Blüte vielerorts die notwendige Bestäubung der Obstbestände verhindert. Deswegen wurde im „Apfeldorf“ Wehrheim auch auf die übliche Apfel-Versteigerung verzichtet. Ein Großteil der 1562 gemeindeeigenen Obstbäume ist leer geblieben. Kein Wunder, dass die ortsansässige Kelterei Wagner auf einen Produktionstag verzichtet. Keltermeister Erhard Wagner, der das Metier seit 60 Jahren kennt: „Pro Jahrzehnt kann man höchstens mit einem überdurchschnittlichen Apfeljahr rechnen.“ Einen kompletten Ernteausfall habe es zuletzt in den 1950er Jahren gegeben. Am kommenden Samstag lässt Herbert Henrich aus Schmitten-Hunoldstal seine Presse erstmals anlaufen. Er rechnet mit einem ruhigen Verlauf der Keltersaison: „Es wird wenig Obst auf den Hof kommen.“ Im Hohen Taunus halte sich die Früchtevielfalt wegen des Klimas sowieso in Grenzen.
Neue Kelteranlage in Betrieb
Auf eine „mittlere Ernte“ stellt sich die Kronberger Kelterei Herberth ein. Die modernisierte Kelteranlage soll am 24. September ihren Betrieb aufnehmen, die Apfelannahme wird zwei Tage vorher in der Kelterhalle von Niederhöchstadt eröffnet. Inhaber Georg Herberth: „Wir können ein schlechtes Jahr auffangen“. Er profitiere von der Schließung regionaler Keltereien wie etwa dem Betrieb Simon in Oberursel.
In Köppern wird das Traditionsunternehmen Weidinger nur eine knappe Woche annehmen, pressen und abfüllen. Was sich zwischen dem 25. und 27. September anhäuft, fließt am 28. September goldgelb und duftend in die Tanks.
 
Frankfurter Rundschau vom 21.9.2012