Noch zu Kaisers Zeiten (um 1870) wurde unter dem Schwesternhaus in Kirdorf ein Eiskeller aus Feldbrandsteinen angelegt. Der Zugang dazu befindet sich am Stedter Weg. Im Keller wurde im Winter Eis eingelagert. das im Sommer zur Kühlung benötigt wurde. Das Natureis wurde auf Wiesen am Kirdorfer Bach erzeugt. Das Gewässer wurde aufgestaut, das Wasser ließ man zu dickem Eis gefrieren. Das Eis wurde in Blöcken herausgesägt und in den Eiskeller gebracht. Die guten Einnahmen aus dem Eisverkauf halfen zur Finanzierung des Anwesens und waren eine wichtige Einnahmequelle der Schwestern. Später wurde der etwa 50 Quadratmeter große Eiskeller in einen Bierkeller umfunktioniert. Nach einigen Jahren des Leerstands hat die lnteressengemeinschaft
Kirdorfer Feld (IKF) den Keller entdeckt und lagert heute darin 11000 Liter des "Kirdorfer Golds", einem herrlichen Apfelwein, der seit September vergangenen Jahres dort unten im Eiskeller ruht.
An der Tür zum Eiskeller hängen Franz Schöttner und Matthias Bub von der IKF derzeit jeden Freitag von 18 bis 18.30 Uhr den beleuchteten Kranz mit Bembel auf - als Zeichen dafür, dass die Verkaufsstelle für den Kirdorfer Apfelwein geöffnet hat. Wer kommt, muss zunächst den Kopf einziehen und ein paar Meter durch einen engen Gang gehen, um in das kühle Gewölbe unter dem Kirdorfer Schwesternhaus zu gelangen. Hier gärt und lagert die IKF seit acht Jahren ihren Apfelwein, den der 300 Mitglieder starke Verein im Herbst in einer historischen Kelter gekeltert hat.
Vor kurzem war Fassanstich. Und es kamen nicht nur Kirdorfer mit Plastikflaschen und kleinen Kanistern in den Eiskeller und freuten sich auf das Kirdorfer Stöffche, sondern auch viele andere. Toni, ein Türke, der schon seit 45 Jahren in Bad Homburg lebt, kam zum ersten Mal und war begeistert. Denn bevor der Kunde kauft, schenkt Franz Schöttner erst einmal aus, und jeder kann probieren. Derzeit bietet die IKF zwei Sorten an: eine mit Quitte, die lieblicher schmeckt. und einen Speierling, der es in sich hat. Egal, wofür der Kunde sich entscheidet, der Liter kostet 1,20 Euro, die Schöttner möglichst abgezählt kassiert. "In unserem Stöffche sind weder Herbizide noch Pestizide, der ist pur", versichert er. "Der Äppelwoi halt mindestens drei Monate, wenn man die Flaschen randvoll füllt". Matthias Bub sagt, dass so lange verkauft wird, bis die Fässer leer sind. "Vom Erlös lebt unser Verein, der sich um den Erhalt der Streuobstwiesen unter anderem im Kirdorfer Feld kümmert" Für die Kunden das Wichtigste: Die IKF hatte 2015 eine sehr gute Ernte. Schöttner und Bub achten darauf, dass nicht alles verkauft wird. Denn am 24. Dezember feiert die IKF in den "Glücksstuben" Weihnachten. "Da muss selbstverstandlich noch was da sein", sagt Schöttner. Aber wenn der Andrang weiterhin so groß bleibt wie bisher, dann neigen sich die Vorräte schnell dem Ende entgegen. 25000 Liter werden pro Jahr von der IKF gekeltert. 11000 kommen als Apfelwein in den Eiskeller, der Rest teilt sich auf in Apfelsaft, drei Sorten Apfelsecco und Apfelgelee, das hauptsächlich die Damen der lKF lecker mit Zimt oder Calvados zubereiten. Den Apfelwein kann man sich mittwochs von 18 bis 18.30 im Eiskeller in mitgebrachte Flaschen oder Kanister abfüllen.
Bad Homburger Woche vom 4.Mai 2016