BHW 2016 08 18Bad Homburger Woche vom 18.8.2016 

Bad Homburg (st). Eigentlich müssten Naturschutz und Tierschutz doch einhergehen - so denkt man. lm Kirdorfer Feld prallen aber offensichtlich die Interessenlagen aufeinander. Nun sind damit sogar die Gerichte beschäftigt. Über 20 Jahre hat der ehemalige Besitzer des Fichtenhofs Andreas Wendenburg versucht, für die im Reiterhof lebenden Pferde auf den umliegenden Wiesen Koppeln einzurichten. Diese Versuche sind fehlgeschlagen, und selbst zwei Koppeln, die ihm jahrelang zur Verfügung standen, wurden ihm seitens der Stadt Bad Homburg entzogen. Der neuen Eigentümerin der Reitanlage, der "RF Fichtenhof GmbH & Co KG", die durch Dr. Barbara Wemer als Geschäftsführerin vertreten wird, ist es hingegen in den vergangenen Monaten gelungen, die dem Fichtenhof naheliegenden Wiesen zu pachten, um dort die Pferde, die auf dem Fichtenhof eingestellt sind, artgerechter zu halten und den "Einstellern" diesen Service anzubieten. Die im rückwärtigen Teil des Fichtenhofs gelegenen Paddocks bieten weniger Auslauf und sind zudem nur mit Holzschnitzeln oder Vulkansand belegt. Die Bedingungen für die Pferdehaltung haben sich verändert, und geeignete Weideflächen sind essentiell für den erfolgreichen Betrieb eines Pensionsstalls.

Wer darf Zäune bauen und weiden?

Da die Untere Naturschutzbehörde der Stadt aufgrund der Verordnung über das Natur- und Landschaftschutzgebiet Kirdorfer Feld vom 17. Oktober 1996 einer Nutzung der Flächen als Pferdekoppeln widersprochen hat, ist die Eigentümerin des Fichtenhofs vor Gericht gegangen und hat in einem Eilantrag eine vorläufige Genehmigung erwirkt. Streitpunkt ist außer dem Naturschutz auch die Auslegung darüber, wer weiden darf und ob es sich bei den aufgestellten massiven Koppelzäunen um eine baulich zu genehmigende Anlage handelt. Diese mit stabilen Holzpflöcken und Querlatten versehenen Koppeln begrenzen das Kirdorfer Feld an dem beliebten Spazierweg, und der Widerstand dagegen zeigt sich nicht nur in den an verschiedenen Bäumen aufgehängten Schildern: "Keine Pferdewiese". Der BUND Bad Homburg hat sich an das Regierungspräsidium in Darmstadt gewandt und beklagt den massiven Eingriff in das Ökosystem des Kirdorfer Feldes. Außer einer Gefahr für seltene Vogelarten wird auch auf die Zerstörung des Lebensraums weiterer Insektenarten hingewiesen. Es gehe dem Fichtenhof allein um Gewinnmaximierung, und hier·durch werde das Kirdorfer Feld zum Spielball finanzieller Interessen, heißt es in dem BUND-Schreiben.

Obere Naturschutzbehörde prüft

Laut Regierungspräsidium in Darmstadt sind an dem Rechtsstreit zwischen dem Fichtenhof und der Stadt die Obere Naturschutzbehörde und das Regierungspräsidium in Darmstadt nicht beteiligt. Allerdings sei das Land Hessen verpflichtet, in Natura-2000-Gebieten - das ist ein zusammenhängendes Netz von Schutzgebieten innerhalb der Europäischen Union - einen günstigen Erhaltungszustand der vorkommenden Arten und Lebensraumtypen zu gewährleisten. Grundsätzlich könne die Obere Naturschutzbehörde daher Maßnahmen ergreifen, um Veränderungen und

Störungen zu unterbinden, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines Natura-2000-Gebietes in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen führen können. Daher prüfe die Obere Naturschutzbehörde die Sach- und Rechtslage. Die Stadt Bad Hornburg wartet ab, was dabei herauskommt: "Das Ergebnis ist für die Untere Naturschutzbehörde maßgeblich", so Stadtsprecher Andreas Möring. Da sich die lnteressengemeinschaft Kirdorfer Feld (IKF) mit großem Engagement am Erhalt der Streuobstwiesen beteiligt und seit Jahren für den Erhalt des Gebietes kämpft, ist zu vermuten dass es auch von dieser Seite zu einer lnitiative kommen wird, die sich mit der Sachlage auseinandersetzen wird. Dem Verein, der wie kein anderer Vorschriften zum Kirdorfer Feld kennt, geht es nach eigener Aussage in keiner Weise darum, in eine politische oder juristische Entscheidung einzugreifen, sondern um den Erhalt der Flora und Fauna, die durch eine Beweidung der Flächen durch Pferde als gefährdet angesehen wird. Doch auch die Pferde sind gefährdet. Da auf den weitläufigen neuen Koppeln nicht wie üblich Anfang Juli gemäht wurde, gedeiht dort das Jakobskreuzkaut (Jacobaea vulgaris) in nicht unbeträchtlicher Zahl. Diese langstieligen Pflanzen mit den gelben Blüten sind hochgradig giftig - gerade auch für Pferde.

 

Bad Homburger Woche vom 18.August 2016

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