Keltern

von EVELYN KREUTZ, Taunuszeitung vom 25.9.2017

Auch wenn es in diesem Jahr kaum Äpfel gab. Das Kelterfest der Interessengemeinschaft Kirdorfer Feld (IKF) fand trotzdem statt – und wie immer war es rund ums Kirdorfer Kreuz knüppelvoll.

Gerade mal eineinhalb Hänger voll mit Äpfeln konnten die Mitglieder der Interessengemeinschaft Kirdorfer Feld (IKF) in diesem Jahr beim Kelterfest in ihre große Presse füllen. „Wir haben in diesem Jahr knapp 85 Prozent Ausfall“, skizziert Michael Korwisi die diesjährige Erntesituation. In den elf Jahren seit der IKF-Gründung habe es nur einmal so wenige Äpfel gegeben.

„70 Prozent der Bäume tragen nicht einen einzigen Apfel“, so Korwisi. Betroffen seien sämtliche Sorten, die früh blühen. Schuld daran war die Hitze im März. Die Blüten seien sehr früh ausgetrieben und hätten dann die Frostnächte an Ostern nicht überlebt. Aber auch bei den Spätblühern gab es in diesem Jahr erhebliche Probleme, weil es zur Blütezeit viel zu feucht und kühl war und die Bienen nicht fliegen konnten. Und ohne Bestäubung keine Früchte.

„Nur etwa fünf Prozent der Apfelbäume tragen zufriedenstellend“, erklärt Korwisi weiter. Als Beispiele nennt er den Trierer Weinapfel. Aber anders als der Name vermuten lässt, kann man aus dieser Sorte allein keinen Apfelwein herstellen. „Der würde wie Essig schmecken, man kann nur maximal zehn Prozent davon untermischen“, erläutert der Fachmann. Das sei vergleichbar mit dem Speierling, der im Übrigen auch in diesem Jahr noch einigermaßen Früchte trug.

Ganz extrem waren 2017 die Ernteausfälle bei zwei anderen Obstsorten. „Ich kenne niemanden, der Birnen und Quitten ernten kann“, stellt Korwisi fest. Immerhin besteht die IKF aus rund 300 Mitgliedern, die im Kirdorfer Feld ein Drittel der Grundstücke sowie Bäume in einigen angrenzenden Gebieten pflegen.

Die IKF wird noch zwei Wochen lang keltern, auch Äpfel aus Köppern und Gonzenheim. „Dort hängen die Bäume zum Teil ordentlich voll“, so Korwisi. Das soll es dann für dieses Jahr gewesen sein. Denn der Zukauf von Äpfeln kommt für die Kirdorfer nicht in Frage.

Maschinen kosten Geld

Ihnen geht es darum, die eigenen Produkte zu vermarkten und damit die finanziellen Mittel zu erwirtschaften, die sie für die Arbeit auf den Streuobstwiesen brauchen. Denn auch wenn alle ehrenamtlich anpacken, der Maschinenpark kostet richtig Geld. Allein Steuern und Versicherung für vier Traktoren und sechs Anhänger, einen Gabelstapler und die Kelter schlagen im Jahr mit satten 1500 Euro zu Buche. Dazu kommt die Gebäudeversicherung.

Neue Bäume müssen auch immer mal gepflanzt werden. Für hochwertiges Pflanzgut ist man pro Baum mit knapp 60 Euro dabei, für die Baumbinder muss die IKF pro Pflanze 20 Euro investieren. Und soll der Baum auch angehen, wird er in den ersten drei Jahren regelmäßig gewässert. Insgesamt ist pro Jahr ein mittlerer fünfstelliger Betrag fällig, um die Kosten zu decken. Dass der Vorstand und der harte Kern der Mitglieder jährlich 2000 Arbeitsstunden pro Nase leistet, hat viel mit Idealismus zu tun – aber auch damit, dass es einfach Spaß macht.

Dass die Ausbeute in diesem Jahr nicht so gut ist, können die IKF-ler verschmerzen. Die Menge werde wohl reichen um über den Sommer zu kommen. „Wir können sowieso nichts daran ändern, das ist eben Natur“, so der stellvertretende Vorsitzender. Wenn schon die Quantität nicht stimmt, wie sieht es in diesem Jahr mit der Qualität aus? Eine Öchlsezahl können die Kirdorfer nicht nennen, weil sie sie nicht messen. „Es wird, wie es wird, also müssen wir es auch nicht genau wissen“, sagt Korwisi.

Keine Sonne, keine Süße

Er beschreibt die Situation wie folgt: „Der Saft ist in diesem Jahr nicht so süß wie sonst, weil praktisch seit Juli die Sonne fehlte.“ Die Konsequenz: „Der Apfelwein wird in diesem Jahr ein bisschen saurer, aber dafür ist er bei uns ein reines Naturprodukt.“ Was Korwisi damit meint, ist, dass der Süße ganz normal vergoren wird. „Wir stoppen die Gärung nicht und geben danach auch keinen Apfelsaft dazu.“

Eine weitere sehr gefragte Spezialität der IKF sind die hausgemachten Apfelgelees. Die gibt es in drei Sorten: Natur, mit Holunderblüten, mit Zimt oder mit Calvados. Die Rezepturen wollen die Frauen natürlich nicht preisgeben, denn sonst würden viele nur bei der IKF den sterilisierten Saft kaufen und die Gelees selbst machen.

Wie auch immer: Die Besucher ließen sich trotz mäßiger Apfelernte nicht von ihrem Kommen abhalten. Und da wie in all den Jahren zuvor am Kirdorfer Kelterfest immer die Sonne scheint, war rund um das Kirdorfer Kreuz mal wieder Hölle los.

So geht eine gesunde Nascherei

CCI 000001Für viele ist Apfelwein das Beste, was aus einem Apfel werden kann. Bärbel Meyer von der IKF hingegen hat noch ganz andere Vorstellungen, wie man Äpfel verarbeiten kann. Sie hat der TZ zwei Rezepte verraten, die kinderleicht sind und garantiert gelingen.

Apfelküchlein: „Ich liebe Apfelküchlein“, gesteht Meyer und hat auch gleich die Anleitung parat: „Man legt dicke Apfelscheiben in einen Pfannkuchenteig und brät sie aus, dazu gibt es Zimt und Zucker oder Vanillesoße.“ Auf Nachfrage ging es dann auch etwas konkreter, zwar auch nur Pi mal Daumen, aber selbst nur halbwegs talentierte Hobbyköche sollten das hinkriegen: Man nehme zwei Eier und schlage sie mit knapp zwei Tassen Milch auf. Dann rührt man solange Mehl ein, bis eine sämige Masse entsteht. Nach mindestens einer halben Stunde Quellzeit, gießt man den Teig in eine leicht gefettete Pfanne und legt dicke Apfelscheiben hinein. Am liebsten benutzt Bärbel Meyer für das Lieblingsgericht ihrer Kinder Äpfel der Sorte Ontario. Die seien süß genug und man brauche nicht mal Zucker.

Apfelchips: Beliebt als Knabberei sind in ihrer Familie auch selbst gemachte Apfelchips. Weil ihr der Dörrapparat zu laut rattert, stellt Bärbel Meyer die gesunde Nascherei im Backofen her. Dazu schneidet sie Äpfel („Die Schale bleibt dran“) in dünne Scheiben und trocknet sie bei 70 Grad über Nacht im Backofen. Damit sie schön kross werden bleibt die Ofentür einen Spalt offen.

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Taunuszeitung vom 25.9.2017