TZ 2021 06 07Taunus Zeitung / Lokales vom 7.6.2021

Beim Rundgang im Kirdorfer Feld fallen dem Ortsbeirat etliche Missstände ins Auge

Die Schilder neben der Wiese im Kirdorfer Feld sind eindeutig: Naturschutzgebiet steht auf dem obersten, darunter folgen zwei weitere, die detailliert und auch anhand mehrerer Piktogramme unmissverständlich erläutern, was das bedeutet: Hunde anleinen, keine Pflanzen abreißen, nicht lagern, Tiere nicht beunruhigen, keine Modellflugzeuge und vor allem nicht die Wege verlassen - es gibt einiges zu beachten.

Dass das nicht jeder tut, ist auf den ersten Blick zu erkennen. Bereits neben der Beschilderung ist das Gras plattgetreten. Spaziergänger, so scheint es, haben im Laufe der Zeit einen Pfad erzeugt, der vom regulären Weg abgehend mitten über die Wiese läuft. Uwe Lampe kann an solchen inoffiziellen Abzweigungen nur mit dem Kopf schütteln. "Das ist so eine Stelle, an der ich die Welt nicht mehr verstehe", meint er. "Die Leute laufen rein, wieder raus, am Schild vorbei. Die Leute sind einfach zu unaufmerksam", ärgert sich Lampe, der als einer von zwei ehrenamtlichen Natur- und Feldschutzbeauftragten im Auftrag der Stadt im Kirdorfer Feld regelmäßig nach dem Rechten sieht.

BLB sieht "dringenden Handlungsbedarf"

Wie obiges Beispiel zeigt, halten sich dort nicht alle an die Regeln. Weshalb die Thematik derzeit auch den Ortsbeirat beschäftigt. "Dringenden Handlungsbedarf" sah die BLB-Fraktion in dessen jüngster Sitzung, nachdem das Thema vor einiger Zeit schon einmal auf der Agenda stand, aber nicht stringent weiterverfolgt wurde. Jetzt beantragte die Bürgerliste die Anstellung eines hauptamtlichen Feldschützen.

Freilaufende Hunde, PKW-Verkehr, vom Weg abweichende Fußgänger, es gebe "ein ganzes Füllhorn an Problemen", sagt Michael Blew (BLB). "Eine Halbtagskraft würde schon reichen. Jemand, der vor Ort ist und Präsenz zeigt", ist er überzeugt. "Es gibt massive Probleme im Kirdorfer Feld. Wir brauchen Lösungen", sagt auch Kirdorfs stellvertretender Ortsvorsteher Bruno Gutjahr (SPD). Gemeinsam mit Lampe, Blew und einem guten Dutzend weiterer Personen, darunter Stadträtin Lucia Lewalter-Schoor (SPD), zog er jüngst zur Ortsbegehung durchs Kirdorfer Feld. Ausgehend vom BLB-Antrag hatte der Beirat zu einem Rundgang geladen.

Trampelpfade sind zu Wegen geworden

Los ging es am Ende der Bebauung am Lothar-Lehmann-Weg. Immer wieder finden sich kleine Trampelpfade abseits des regulären Wegs. Einige sind derart entwickelt, dass ein Unterschied zum regulären Weg kaum mehr zu erkennen ist. Richtung Wald führt gar eine Fahrspur. Besonders ärgerlich: Getrampelt wird auch da, wo der Boden besonders schützenswert ist. "Die Wiese hier ist eine der wertvollsten Flächen im Kirdorfer Feld mit vielen seltenen Pflanzen", sagt der stellvertretende Vorsitzende der Interessengemeinschaft Kirdorfer Feld, Michael Korwisi, und zeigt auf ein Areal rechts des Hauptweges. Auch dort führt ein kleiner Pfad durchs Grün.

"Das Querfeldein-Laufen hat definitiv zugenommen", sagt Lampe. Daneben seien unangeleinte Hunde und Picknicker, die sich teils mitten auf die Wiese setzen, ein stetes Thema. Immerhin: "Es ist selten, dass Leute vollkommen uneinsichtig sind. Die meisten hören zu", berichtet Lampe, der in Ausübung seiner Pflicht aber auch schon beschimpft wurde und zweimal gar die Stadtpolizei einschalten musste. Sie ist für den allgemeinen Feldschutz zuständig. Es sei aber "illusorisch, alle Übertretungen zu erfassen", sagt Lewalter-Schoor. "In dem Maße, wie das gewünscht wird, ist es schwierig dem entgegenzukommen", meint sie und verspricht: "Ich nehme es mit."

Keine echte Handhabe bei Verstößen

Und auch, dass sich Lampe einen direkten Ansprechpartner bei der Polizei wünscht. Denn eine wirkliche Handhabe hat der ehrenamtliche Feldschütze nicht. "Was wir machen, ist Augenwischerei. Die Leute wissen, dass wir nichts machen können", sagt Kollege Ivan Letica. Wie zur Bestätigung kommt ein älteres Pärchen aus einem der Trampelpfade. "Sie sind gerade über die Wiese gelaufen, was sie eigentlich nicht dürfen", klärt einer aus der Gruppe die Spaziergänger auf, die unbeeindruckt reagieren. "Oh je", antworten sie mit ironischem Unterton und laufen einfach weiter. Während des rund zweistündigen Rundgangs kommt der Trupp an weiteren Problemstellen vorbei. Ein illegal abgestellter Wohnwagen, Müll vor einer abgebrannten Gartenhütte, Grundstücke, um die sich anscheinend niemand kümmert - es gibt einiges zu monieren. Verkompliziert wird die Lage dadurch, dass im Kirdorfer Feld viele Parteien mitreden. Etwa das Regierungspräsidium Darmstadt, die Obere sowie Untere Naturschutzbehörde, das Grünflächenamt, der Forst, die Grundstücksbesitzer. "Es gibt viele Zuständigkeiten. Das Thema ist schwierig", stellt Ortsvorsteher Hans Leimeister (CDU) fest. Wie es weitergeht, wird sich in der kommenden Beiratssitzung zeigen. Geplant ist die Bildung einer Arbeitsgruppe. Dann soll auch das Grünflächenamt miteinbezogen werden. Florian Neuroth

Feldschütz-Idee wird offenbar schon weiter verfolgt

Die Kirdorfer Idee, einen hauptamtlichen Feldschütz einzustellen, stieß in Ober-Erlenbach nicht nur auf offene Ohren, sondern offenbar auch auf Sympathie. Der dortige Ortsbeirat hatte bei seiner jüngsten Sitzung einen entsprechenden Antrag der CDU auf der Tagesordnung, der über eine reine Prüfung hinausging.

Nach einstimmigem Votum wird der Magistrat nun auch ofiziell "gebeten, zu veranlassen, dass für Ober-Erlenbach ein Feldschütz bestellt wird, da es hier verstärkt zu Verstößen im Wingert II, dem Lohwald und in den Feldern kommt". So gebe es immer wieder Fälle von illegalen Feuern, Obstdiebstahl oder Müllentsorgung.

Ortsvorsteher Martin Burk (parteilos) berichtete in der Sitzung zudem von einem Gespräch mit Vertretern der Verwaltung, wo es entsprechende Signale gegeben habe. "Das soll dann zwar nicht Feldschütz heißen, aber es wird ein oder zwei Leute geben, die in den Außenbereichen kontrollieren und auch sanktionieren können."

Die Notwendigkeit von hauptamtlichen Kräften liegt, so hatte die BLB im Ortsbeirat Köppern argumentiert, darin, dass ehrenamtliche Naturschützer keine echte Handhabe bei Verstößen hätten - und bei einer entsprechenden Ansprache von den Verursachern oft nicht ernst genommen würden. hko

 

Taunus Zeitung / Lokales vom 7.6.2021

logo tz