TZ 2022 02 21aDienstag, 22. Februar 2022, Frankfurter Rundschau

BAD HOMBURG - Initiative verjüngt den überalterten Bestand / Trockenjahre haben Lücken gerissen
VON FLORIAN NEUROTH

Langsam dreht sich der stählerne Bohrer ins Erdreich. Stück für Stück arbeiten sich seine Windungen nach unten, bis die Spitze nach einiger Zeit, rund sechzig Zentimeter unterm Gras, letztlich zum Stillstand kommt. Alles ist bereit für den 175. Obstbaum, den die Mitglieder der Interessengemeinschaft Kirdorfer Feld (IKF) seit November im Naturschutzgebiet Kirdorfer Feld neu gepflanzt haben. Das sind deutlich mehr als normalerweise. Die 175 Bäume entsprechen fünf Prozent des gesamten Obstbaum-Bestands hier", sagt der zweite Vorsitzende der IKF, Michael Korwisi.

Dass so viel gepflanzt wurde, hat einen Grund. "Die Jahre 2018 bis 2020 waren aufgrund der Trockenheit extrem schlecht für die Bäume und führten zu einem deutlichen Alterungsschub. Dabei ist der Bestand ohnehin überaltert, jährlich gehen viele Bäume ein oder werden bei Stürmen umgeworfen", erklärt Förster Hans-Jörg Sommer. Umso wichtiger seien neue Bäume, meint der Funktionsbeamte Naturschutz von HessenForst. So beauftragte das Forstamt die IKF mit der Neuanpflanzung von insgesamt 60 Bäumen. "Hinzu kommen die Pflanzungen auf den Grundstücken unserer Mitglieder", erklärt Korwisi.

Früchte werden von der IKF verarbeitet

Dort konnte auch deshalb mehr gepflanzt werden, weil der Energieversorger Mainova 30 Bäumchen gesponsert habe. "Es ist eben immer auch eine finanzielle Frage. Wobei die Stadt uns natürlich schon gut finanziert", sagt er. Bürgermeister Oliver Jedynak (CDU) sagt dazu: "Wir sind heilfroh, dass es die IKF gibt und fördern das sowohl ideell als auch finanziell sehr gerne". Die Aktivitäten der IKF verdienten allergrößte Anerkennung. "Das ist vorbildliche nachhaltige Arbeit für den Landschafts- und Naturschutz." Förster Sommer kann das nur bestätigen. "Das Gute an der IKF ist, dass auch die Folgenutzung gewährleistet wird und der Ertrag in Form von Apfelwein, Apfelsecco und anderen Produkten verwertet wird".
Baum 175 wird gut versorgt. Er ist ein Roter Berlepsch. Eine alte Apfelsorte, wie der IKF-Vorsitzender Fred Biedenkapp erklärt. "Wir pflanzen nur alte Obstbaumsorten. In Zeiten der Allergien ist das sehr wichtig. Der Vorteil ist, dass die alten Sorten von allen Menschen bedenkenlos gegessen werden können", erläutert er. Getan ist es mit der Pflanzung der "175" noch nicht. Jetzt fängt die Arbeit erst an. Regelmäßiger Schnitt, Wässern in den ersten Jahren und die Pflege der Baumscheibe - wer eine reiche Ernte einfahren will, muss einiges an Zeit und auch Geld investieren.

Dem Bürgermeister geben die Kirdorfer ein konkretes Ansinnen mit auf den Weg. Korwisi: "Wir würden uns wünschen, dass es nach 25 Jahren eine Erhöhung des Streuobstwiesenförderungsprogramms gibt. Ersatzteile und Reparaturkosten für Geräte und Maschinen, Sprit und auch der Baum an sich - all das hat damals viel weniger gekostet."