GetraenketankstelleMundart und Gaumenschmaus: Traditionsreiches Stadtteilfest lockt wieder viele Besucher an - Taunuszeitung vom 19.8.2025

Kirdorf – Zwischen Frühschoppen und nachmittäglichem Fünfkampf kehrt erst einmal Mittagsruhe ein auf dem Stadtteilfest am Bornplacken – jetzt geht es ums gemütliche Zusammensein und eine kleine Pause – für die Gäste jedenfalls. Die Vereinsmitglieder von Club Humor, SGK, der Heiterkeit, dem Wanderclub und der IKF sorgen weiterhin für Getränke, Gegrilltes, Kaffee und Kuchen sowie die beliebten Produkte vom Kirdorfer Feld. Zuvor hat Ingunn Wolz, laut Kollegen die beste musikalische Leiterin überhaupt, mit ihrem Fanfarenzug vom Club Humor das Publikum mit Marschmusik, Schlagern und auch Modernem unterhalten.

Am Sonntag haben die Mitglieder der Interessengemeinschaft Kirdorfer Feld eine Auswahl an Getränken mitgebracht, besonders beliebt ist der Apfelwein, der sogar schon bis nach Italien verschickt wurde.

Und auch in Berlin muss es nicht immer Berliner Weiße sein: Freunde aus der Hauptstadt seien ebenfalls inzwischen Mitglieder, berichten Rudi Geberle und Reinhard Biedenkapp. Die beiden verkaufen die Apfelprodukte, darunter auch diverse Fruchtaufstriche, Apfelsecco und vieles mehr, immer samstagvormittags am Vereinsheim; samstags wird auch gekeltert.

„Das geht alles direkt von der Kelter in den Kochtopf“, erzählen die beiden, die auch stolz sind auf das mit viel Eigenleistung erbaute Vereinshaus. Im September wird dann wieder Hochbetrieb herrschen, der „Apfeltag“ bei der Hegegemeinschaft Ober-Erlenbach steht noch an und natürlich das Kelterfest.

„Wundermittel“ aus 43 Kräutern

Zum Stadtteilfest hat sich auch Stefan Alles mit seinem Reichspostbitter an den Stand der IKF gesellt; er betreibt mit dem Bad Homburger Traditionsgetränk eine Manufaktur an der Saalburgstraße. Auch dort gibt es im September noch ein großes Fest mit vielen Infos zu Geschichte und Herstellung des Kräuterlikörs, der früher am Standort des heutigen Finanzamts produziert und ans landgräfliche Schloss geliefert wurde.

1843 wurde die Reichspost gegründet – und Fritz Scheller aus Bad Homburg kreierte zu diesem Anlass den Reichspostbitter. Beworben als „Wundermittel aus 43 natürlichen Kräutern“, blieb der Likör eine lokale Größe, wurde von Familie Scheller verkauft. Er entstand in ihrer Melita Essigfabrik an der Kaiser-Friedrich-Promenade 12, wo bis 2009 noch Essig hergestellt wurde.

Scheller lieferte den Kräuterlikör an den Hof von Landgraf Friedrich II., als Bad Homburg 1866 an Preußen fiel. 1996 entschlossen sich der Bad Homburger Alles und seine Partnerin Heike Jung, das Getränk „aus seinem Dornröschenschlaf zu holen“.

Viele regionale Produkte im Angebot

Kürzlich hat Alles historische Werbeplakate restaurieren lassen, die auf einem Dachboden aufgetaucht sind. Auch die handschriftlich überlieferten Rezepte aus der Engel-Apotheke für die Kräutermischung bewahrt er sorgfältig auf. Beliebt sind außerdem die wie seinerzeit produzierten Aluminium-Flaschen mit „Taunusbenzin“, eine Hommage an das Gordon-Bennett-Rennen von 1904.

Der Reiz liegt wie bei den Kirdorfer Apfelprodukten in der regionalen Produktion und der Handarbeit; Bewirtschaftung und Bepflanzung des Kirdorfer Feldes bringen zusätzlich großen Nutzen für Mensch und Natur.

Das Kirdorfer Feld ist Landschaftsschutzgebiet mit Bedeutung für den Klimaschutz, und bei den Produkten ist „alles bio“, wie Rudi Geberle betont, sprich: ohne Zusatzstoffe. Darin steckt viel unentgeltliche Arbeit, Gleiches gilt für die Organisation des Stadtteilfests. Einen Gutteil davon übernimmt der ehemalige Vereinsringvorsitzende Hans Leimeister weiterhin, obwohl er den Vorsitz inzwischen abgegeben hat. „Er hat einfach immer noch die besten Connections, die Nachfolge muss sich erst noch bilden“, sagt Stefan Hardt von der IKF; außerdem kann niemand so gut durchs Mundart-Quiz führen wie das Kirdorfer Urgestein.

Bei dem Ratespiel geht es unter anderem um „Unnamen“. Hett, Wehrheim, Denfeld – das sind typische Kirdorfer Namen. So waren auf einer Gemarkungskarte von 1826 beispielsweise allein zwölf Männer verzeichnet, die alle den Namen Johann Hett trugen.

Wie sollte man diese also unterscheiden? „Ganz einfach“, erläutert Leimeister. Sie bekamen irgendwelche Attribute, die sie besonders kennzeichneten. Aus diesem Grund wurde aus einem August Wehrheim, der unter anderem Butter verkaufte, der „Butteraugust“.

Und hat sich die viele Mühe am Ende abermals gelohnt? Auf jeden Fall, sagen die Veranstalter zum Schluss. Beide Tage seien gut besucht gewesen.
XS / JUDO

 

Taunuszeitung vom 19.8.2025